Am 9. November 2021 trat ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft, mit dem Parkverstöße deutlich teurer geahndet werden. Das nahmen wir zum Anlass, um mit Nico Schlegel, Geschäftsführer von EasyPark, zu sprechen.
Parken aktuell: Die Bußgelder für -Parken ohne oder mit abgelaufenem -Ticket wurden deutlich angehoben. Versprechen Sie sich davon mehr Kunden?
Nico Schlegel: Es hilft, die Zahlungsdisziplin nach vorn zu bringen und richtet sich nicht gegen Autofahrer, sondern sorgt für Fairness. Nicht nur wir als App-Anbieter, auch die gesamte Parkraumbewirtschaftung, die Kommunen sowie die Bürgerinnen und Bürger profitieren davon. Dazu bedarf es aber eines erfolgreichen Zusammenspiels von Parkgebühren, Bußgeldern und Kontrollfrequenz.
Können Sie diese „Dreifaltigkeit“ des On-Street-Parkens etwas näher erläutern?
Die erwünschte abschreckende Wirkung entfalten höhere Bußgelder nur, wenn auch regelmäßig kontrolliert wird. Wir haben eine direkte Anbindung an die Kontrollsoftware der Städte, so dass die Stadt bei Eingabe des Kennzeichens sofort sieht, ob ein Autofahrer einen Parkvorgang mit EasyPark gestartet hat. So werden Schwarze Schafe leicht überführt. Die Gelder, die durch erhöhte Bußgelder und verbesserte Zahldisziplin eingenommen werden, können sinnvoll für die Stadtentwicklung eingesetzt werden, und regulär Parkende finden leichter einen Parkplatz. Und schließlich sollten die Bußgelder auch zu den Parkgebühren im Verhältnis stehen – bei Abwägung zwischen Zahlung der Parkgebühren und dem Risiko eines deftigen Strafzettels sollte es immer attraktiver sein, auf Nummer Sicher zu gehen und regelkonform zu zahlen.
Das gilt aber im Prinzip auch für die konventionellen Parkscheinautomaten?
Ja, wir befürworten auch eine Koexistenz beider Systeme. Allerdings ist das Bezahlen mit der App nach unserer Meinung deutlich einfacher und schneller: Nutzer der Easy-Park-App sind nicht auf passendes Münzgeld angewiesen – gerade wenn man in Eile ist – und haben den großen Vorteil, ihre Parkdauer bequem per Smartphone verlängern zu können, wenn es beim Einkauf, im Meeting oder beim Arzt doch länger dauert als geplant. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Autofahrer immer einen gültigen Parkschein hat, reduziert dessen Stress und vermeidet Strafzettel bei Bürgern, die eigentlich bezahlen wollen.
Macht es auf Dauer Sinn, mehrere Systeme parallel zu betreiben?
Die Dinge ändern sich. Wir sind seit zehn Jahren aktiv und spüren einen deutlichen Shift. Immer häufiger nehmen Städte von sich aus Kontakt mit uns auf. Ein finanzieller Anreiz für die Kommunen besteht darin, weniger Automaten aufstellen, instandhalten und leeren zu müssen.
Sie versprechen auch einen Beitrag für mehr Lebensqualität in der Stadt. Wodurch konkret?
Wir machen Parken sehr transparent. Über ein Dashboard stehen viele Daten zur Verfügung. Wir können zeigen, wo geparkt wird und wie stark einzelne Straßen ausgelastet sind. Unsere App erleichtert das Finden von freien Parkplätzen und reduziert so den Parksuchverkehr. Städte können mithilfe der Daten unter anderem erkennen, wo sich Parkraum eventuell begrenzen lässt, wie Parkplätze für Menschen mit Behinderung ausgelastet und verteilt sind. Wir können Städten außerdem helfen, die Autofahrer zu freien Plätzen in Garagen zu navigieren.
Wo steht EasyPark jetzt und in naher Zukunft?
Wir haben im vergangenen Jahr die PARK NOW-Gruppe gekauft und sind aktuell dabei, die Systeme und unser Know-how zusammenzuführen. Wir verfügen zusätzlich über immer mehr Daten, mit denen wir den Städten helfen können. Mittels gezielter Parkraumbewirtschaftung können Städte das Mobilitätsverhalten der Menschen beeinflussen und so ihre Ziele bezüglich Verkehrsreduktion und Klimaneutralität schneller erreichen. Das Parkgeschehen muss man holistisch betrachten können, und wir machen es sichtbar. Auch den Bereich Mobility-as-a-Service – MaaS – unterstützen wir, indem wir Carsharing in unsere App integrieren. Als neuen Service können wir über einen weiteren Zukauf neuerdings auch Parkplatzreservierungen anbieten. Das lässt sich zum Beispiel hervorragend an Flughäfen nutzen. Zusätzlich bieten wir auch ein digitales Parkausweissystem als Software-as-a-Service an.
Viele Städte reduzieren derzeit bewusst On-Street-Parkplätze. Macht Ihnen das zu schaffen?
Das Parken am Straßenrand funktioniert nur mit Rotation. Für längere Parkzeiten ist die Parkgarage die geeignete Alternative. Unsere App zeigt auch, wo off-street etwas frei ist. Wir können Städten sogar dabei helfen, Parkraum umzuwidmen, da wir die Möglichkeit haben, den Kommunen Daten zur Auslastung des Parkraums zur Verfügung zu stellen.
Kooperieren Sie deshalb neuerdings mit Parkhausbetreibern?
Eigentlich machen wir das schon lange, es ist aber von Land zu Land unterschiedlich. Wir sehen die Zukunft in der Kameratechnologie, gegen die es in Deutschland lange Vorbehalte gab. Doch das ändert sich gerade signifikant. Beim Garagenparken mit Kennzeichen-erkennung arbeiten wir mit allen führenden Access Solution Providern zusammen und sehen auch in unseren Ergebnissen, dass -diese Technologie die Zukunft ist.
Wie viele Parkhäuser in Deutschland sind in EasyPark verfügbar?
In Summe können wir zurzeit den Zugang zu über 180 Garagen und Parkflächen anbieten. Diese Zahl steigt kontinuierlich an. Wir arbeiten stetig daran, diesen Service auszubauen und neue Parkhäuser zu erschließen. Im Laufe dieses Jahres werden wir unser Angebot auf mehrere hundert Garagen ausweiten, die in zunehmendem Maße auch mit Kennzeichenerkennung ausgestattet sind.
Gibt es Befürchtungen, dass Sie den Parkhäusern Kunden wegnehmen?
Unser Ziel ist, möglichst überall verfügbar zu sein – on- wie off-street, in großen Städten genauso wie in einer kleinen Gemeinde. Über Kooperationen mit Parkhäusern können wir uns gegenseitig befruchten und neue Kunden zuführen. Wir sehen darin -eine Win-Win-Situation und sind optimistisch, dass auch immer mehr Betreiber die Vorteile einer Zusammenarbeit erkennen. Mit vielen, darunter auch großen Betreibern, befinden wir uns in konstruktiven Gesprächen. Wir sehen uns als Dienstleister für Parkhäuser und Kommunen und wollen selbst kein Betreiber werden.
Nehmen Sie Einfluss auf das Pricing?
Nein, die Preisstrategie bleibt unter der Hoheit der Garagen und komplett autark. Wir bilden das Pricing in unserer App lediglich ab.
Welche technischen Herausforderungen haben Sie dabei zu bewältigen?
Wir bieten unseren Partnern viele Standard-Schnittstellen an. Der Anschluss an diese ist kein Hexenwerk. Mit vielen Access Solutions Providern für Garagen haben wir ja auch bereits eine aktive Integration. Ebenso sind wir in vielen anderen Bereichen technischer Vorreiter: Beispielsweise ist EasyPark auch fester Bestandteil des Mercedes-Benz MBUX Infotainment-Systems, unterstützt Apple Car Play und ist über Android Automotive auch in vielen neueren Volvo-Fahrzeugen integriert. Unser FIND-System zum Finden von freien Parkplätzen hat viele nationale und internationale Preise gewonnen. Wichtig für den Erfolg des digitalen Parkens ist aus unserer Sicht ferner, den Bürgern unterschiedliche mobile Zahlungsmittel anzubieten – auch da sind wir Vorreiter und führend. Ein Angebot, welches nur ein oder zwei Zahlungsmittel abbildet, halten wir für anachronistisch.
Macht Barzahlung noch Sinn?
In Deutschland ist es gesetzlich verankert, dass Parkgebühren im öffentlichen Raum immer auch über Parkscheinautomaten entrichtet werden können. Wie viele Automaten und in welchem Abstand dafür notwendig sind, ist allerdings offen. Zumindest kann man eindeutig sagen, dass das Bezahlen über eine App in vielen Bereichen – wie auch beim Bezahlen der Parkgebühren – stark im Trend liegt und die Barzahlung deutlich rückläufig ist.
Was ist Ihre grundsätzliche Haltung?
Einerseits sind wir Dienstleister der Städte und der privaten Parkraumbewirtschafter und unterstützen diese, andererseits möchten wir daran arbeiten, Städte lebenswerter zu machen – im Einklang mit unserer Vision „Making Cities More Liveable“. Wir glauben auch für die Zukunft an individuelle Mobilität als ein Teil des Mobilitätsmix, die jedoch umweltgerecht sein muss und öffentlichen Raum nicht über Gebühr beansprucht. Für attraktivere Innenstädte ist dabei weniger on-street und mehr off-street sicher der richtige Weg. Die Digitalisierung kann dabei sehr helfen. Moderne Städte wie Kopenhagen finden inzwischen eine Balance zwischen reduziertem Autoverkehr und umweltgerechter Mobilität.
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