Mittwoch, 24. April 2024

„Deutschland ist an der Schwelle“

Zum Zeitpunkt unseres Interviews hatte Ilker Durmaz seinen ersten Arbeitstag als neuer CEO der PayByPhone Deutschland GmbH. Mit ihm und Marilena Lichtenauer, Chief Marketing Officer & Chief Sales Officer, sprach Parken aktuell über Trends, Ziele und Lösungen des Smart-Parking-Anbieters.

Herr Durmaz, Sie kommen gerade aus Kanada, wo Sie die vergangenen vier Jahre für Strategien und Partnerschaften zuständig waren. Wie fühlt es sich an, frischgebackener CEO von PayByPhone Deutschland zu sein?

Durmaz: Ich bin euphorisch hier zu sein. Für mich schließt sich damit ein Kreis. Vor meiner Zeit in Kanada war ich bei unserem Gesellschafter Volkswagen Financial Services tätig und habe mich da schon mit dem Thema Smart Parking befasst.

Wieso Kanada?

D: In Vancouver ist das Corporate Headquarter von PayByPhone. Dort finden unter anderem die Produktentwicklungen und strategischen Entscheidungen statt. In unseren Zielmärkten sind wir jeweils mit einer Vertriebsgesellschaft – so wie hier in Erlangen – vor Ort präsent.

In wie vielen Städten und in welchen Ländern ist Ihre Parking-App verfügbar?

Lichtenauer: Ganz aktuell ist PayByPhone in mehr als 1.300 Städten weltweit verfügbar, darunter 380 deutsche Städte. Insgesamt sind wir derzeit in elf Ländern aktiv, und zwar in Deutschland, Kanada, USA, Frankreich, Monaco, Großbritannien, Irland, Schweiz, Italien, Belgien und den Niederlanden.

Der deutsche Markt macht also über ein Viertel der Städte aus. Sehen Sie noch weiteres Potenzial, weitere Länder beispielsweise?

D: Deutschland ist neben Frankreich und UK ein Schlüsselmarkt. Aktuell konzentrieren wir uns auf den weiteren Ausbau in den Ländern, in denen wir vertreten sind. Auch wenn wir in Deutschland bereits einen sehr hohen Reifegrad haben, gibt es hier schon noch Städte, die wir noch nicht erschlossen haben. Unser Ziel ist, möglichst überall verfügbar zu sein.

L: Potenzial sehen wir natürlich überall dort, wo es uns noch nicht als Partner gibt, aber auch in vielen kleineren Städten, wo zum Teil noch keine Parkraumbewirtschaftung stattfindet.

Sind Ihre mobilen Parkdienstleistungen jeweils im gesamten Stadtgebiet -verfügbar?

D: Wir binden normalerweise den gesamten öffentlichen Parkraum in den Städten an. In einigen vereinzelten Städten sind wir etappenweise vorgegangen – sozusagen als erster Step, um den Bewohnern das digitale Parken näherzubringen.

Sind Sie ausschließlich auf öffentlichen Parkplätzen aktiv?

D: Hauptsächlich sind die Städte unsere Partner, wir haben darüber hinaus aber auch private Flächen im Portfolio.

L: Außerdem integrieren wir auf unserer Plattform neuerdings auch das Anwohnerparken. Hierin sehen wir – auch international – einen Trend. In UK und Frankreich bieten wir diesen Service fest an, in Trier läuft dazu ein Pilotprojekt. Unser Ziel ist, für dieses und weitere Themen den Bedarf für Deutschland zu ermitteln. Wir hoffen, dass solche internationalen Innovationen auch hier Anklang finden

Ein anderer Trend in vielen Städten ist der Rückbau von Parkflächen am Straßenrand. Tangiert das Ihr Geschäft?

D: Den politischen Willen, Parkplätze abzubauen, registrieren wir in der Tat, auch in anderen Ländern. Allerdings wird das meist noch nicht so umgesetzt. Durch unsere enge Vernetzung mit unseren anderen europäischen Märkten bleiben wir aber an diesem Trend eng dran, um zu verstehen, welche Rolle wir spielen können. Bis dahin trägt unsere App dazu bei, dass vorhandene Parkplätze schnell gefunden werden und effizient und komfortabel genutzt werden können.

Stichwort andere Länder: Bestehen international nicht große Unterschiede, die Sie strategisch berücksichtigen müssen?

D: Als Unternehmen betreten wir die einzelnen Märkte mit derselben Herangehensweise. Vor Ort erkennen wir dann, was im jeweiligen Markt ankommt. Das wird in unserer Zentrale in Kanada bewertet, um gegebenenfalls für andere Märkte daraus zu lernen.

Konkret?

D: Zum Beispiel emissionsfreies Fahren in Großbritannien: Dort parken Elektroautos in vielen Kommunen vergünstigt oder kostenlos. Wir haben das in unserer App abgebildet. Diese- Funktion steht nunmehr auch in anderen Märkten auf Nachfrage zur Verfügung.

Wie viele Kunden haben Sie weltweit?

D: PayByPhone hat mittlerweile über 50 Millionen registrierte Nutzer. In den vergangenen Jahren hatten wir ein konstantes Wachstum von rund acht Millionen Downloads pro Jahr.

L: Für Deutschland kann man zudem feststellen, dass uns die coronabedingten Umstände zusätzlich zum organischen Wachstum Vorschub geleistet haben. Kontaktloses Smart Parking per App und bargeldloses Zahlen wurde während der Pandemie auch hierzulande deutlich populärer.

Andere Länder sind uns also voraus?

D: In Nordamerika hat sich das digitale Parken bereits durchgesetzt. Ich sehe Deutschland jetzt an der Schwelle zum Durchbruch. Mobiles Bezahlen findet auch hierzulande immer mehr Fans, was zusätzlich durch Trends wie ApplePay und GooglePay angetrieben wird. Das hilft auch uns, was das Handyparken angeht.

L: Aktuelle Zahlen belegen, dass wir beispielsweise in Magdeburg auf eine -Nutzungsquote von 30 Prozent im Vergleich zum klassischen Parkscheinautomat kommen. In Nürnberg haben wir zuletzt einen Anstieg von elf auf 18 Prozent verzeichnet.

Ist der nächste Schritt eine Implementierung der App in die fest verbauten -Infotainment-Systeme der Fahrzeuge?

D: Wir befinden uns dazu in konkreten Gesprächen in Bezug auf die Marken im Volkswagen-Konzern. Wichtig ist, dass für den Endverbraucher alles harmonisch und einheitlich funktioniert. Die Integration von Parken in Fahrzeugen ist ein wichtiger Schritt, um Parken noch komfortabler zu gestalten. Dafür müssen aber beide Seiten anpacken. Die Annäherung zwischen der Parken-Industrie und den OEMs war anfangs insgesamt sicherlich nicht leicht. Jedoch sehen wir aktuell, dass es endlich einen deutlichen Schritt nach vorne gibt und sich beide Seiten mit realistischen Erwartungen auf Augenhöhe aneinander nähern. Es gibt mittlerweile interessante Ansätze, die erfolgversprechend sind. Vereinfacht wird das durch Standardisierung in der Technologie und faire Geschäftsmodelle für alle Beteiligten.

Von Einheitlichkeit kann bei den -Parking-Apps insgesamt eher keine Rede sein. Laut smartparking.de sind in Deutschland bis zu acht App-Anbieter in zahlreichen Städten vertreten. Kommt irgendwann eine Marktkonzentration, vielleicht auch international?

D: Das sind ganz normale Entwicklungen. Nach einer Phase der Fragmentierung mit vielen neuen Anbietern folgt eine Konsolidierung. Aus unserer Sicht wird sich das gerade international auf zwei bis drei große Player, zu denen wir zählen, konzentrieren. Parallel dazu wird es aber auch immer wieder starke lokale Anbieter geben.

BMW und Daimler haben sich von den Mobilitätsdienstleistungen weitgehend verabschiedet. Wie steht es bei Ihrem Gesellschafter?

D: VW Financial Services steht zu hundert Prozent hinter uns. Dahinter steckt eine globale Strategie, digitaler zu werden und digitale Berührungspunkte zu schaffen.

Welche Kundenvorteile bietet die PayByPhone App an sich?

L: Der Weg vom Download bis zum Parkvorgang ist schnell und leicht. Wir halten die Registrierung bewusst schlank. Demnächst bieten wir auch einen Gastzugang zum Aus-probieren an. Mit nur zwei Angaben können Neukunden die App dann testen. Wir hoffen so, noch mehr Leute für das Smart Parking zu begeistern. Durch unsere Internationalität ist die App über Grenzen hinweg nutzbar, man kann damit durch Europa reisen. -Natürlich hilft die App bei der Parkplatzsuche und zeigt alle nächstgelegenen Parkplätze in der Stadt auf einer Karte an.

Zeigt sie auch an, ob dort noch Plätze frei sind?

D: Meines Erachtens ist das sogenannte „Predictive Parking“ noch ungelöst, ganz einfach aus dem Grund, dass Parkplätze im öffentlichen Raum nicht reservierbar sind. Was bringt mir eine Echtzeitangabe über einen freien Platz? Der Mehrwert für den Kunden ist mir noch nicht ganz klar – aber der muss bei allem im Vordergrund stehen.

Welche Bezahlmöglichkeiten -bestehen?

L: Neben Kreditkarte und PayPal auch Apple- Pay und Google Pay. Bis zum Ende des Jahres wird auch das Bezahlen über die Mobilfunkanbieter möglich sein.

Den Deutschen wird ja eine hohe Affinität zum Bargeld nachgesagt. Kennen Sie Ihre typische Zielgruppe?

L: Zum einen sind das Personen, die beruflich viel mit dem Auto unterwegs sind, zum anderen aber auch Privatnutzer, die das Auto zum Shoppen nutzen. Es ist aber nicht so, dass vor allem die vermeintlich technologie-affineren Männer die App nutzen. Wir haben fast so viele Kundinnen. Und auch beim Alter gibt es keine klare Tendenz. Unter den -Nutzern sind auch viele ältere Menschen. ν

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