Donnerstag, 28. März 2024

Der Klimaschutz steht über allem

Quartiersgarage im Heidelberg Innovation Park: So soll das multifunktionale Parkhaus nach Fertigstellung aussehen. – Quelle: Stadtwerke Heidelberg

„Innovativ“ ist eine häufig (über-)strapazierte Vokabel. Beim Projekt hip in Heidelberg trifft dieses Attribut jedoch eindeutig zu. Was im Fall dieser besonderen Quartiersgarage entsteht, erscheint bis ins Detail durchdacht und zukunftsträchtig. Prädikat: nachahmenswert. Eröffnen soll das multifunktionale Parkhaus im zweiten Quartal 2021.

Am 16. Januar 2020 war Spatenstich. Auf dem Gelände der ehemaligen Patton Barracks trafen sich die obersten Vertreter der Stadt Heidelberg mit Geschäftsführern der Stadtwerke und dem zuständigen Architekten, um den Bau des Parkhauses im Heidelberg Innovation Park – kurz hip – mit einem beherzten Schaufelhub zu starten. „Damit Heidelberg klimaneutral wachsen kann, werden anspruchsvolle Zukunftstechniken realisiert. Deshalb freuen wir uns auf das speziell für das Parkhaus im hip entwickelte innovative Konzept, das technisch, wirtschaftlich und ökologisch wegweisend ist und damit einen wichtigen Beitrag hierzu leistet“, betonte Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner in seiner Rede. Jürgen Odszuck, Erster Bürgermeister und zuständig für das Thema Bauen in Heidelberg, hob hervor: „Das Parkhaus im hip ist ein gutes Beispiel für nachhaltige Stadtplanung und umweltbewusste Mobilität.“ Michael Jäger, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Garagen, sagte: „Die Quartiersgarage ist für die Großsporthalle eine unverzichtbare und für die Unternehmen und Bewohner des Areals ebenfalls eine wichtige Einrichtung.”

Ein Parkhaus, das Kälte und  Strom erzeugt
Gegenüber Parken aktuell führt Michael Jäger weiter aus: „Für uns ist es ein ganz besonderes Objekt, wir betreten damit neues Terrain. Das Parkhaus ist die erste Hochgarage, die wir realisieren. Mit einem Investitionsvolumen von rund 38 Millionen Euro ist es für uns als regionaler Marktführer für die Bewirtschaftung von öffentlichem und privatem Parkraum das größte Projekt in unserer Historie.“ Neben dem Parkraum will man mit dem Bau eine klimafreundliche Energieversorgung auf dem hip-Areal realisieren. Doch was hat ein Parkhaus mit Energie zu tun? Das im hip eine ganze Menge, denn es beherbergt als zentralen Baustein einen 2.300 qm großen Technikturm mit einer Kälteanlage und wird überdacht von Photovoltaik-Modulen. „Die Kälteenergie wird größtenteils klimaschonend aus Wärme gewonnen“, erklärt der technische Projektleiter Heiko Faulhammer. „Im ersten Obergeschoss werden zwei Blockheizkraftwerke eingebaut, deren Abwärme die sechs thermisch angetriebenen Kältemaschinen im 2. OG versorgt.“ Zwei unterirdische Eisspeicher sollen die nachhaltige Kälteerzeugung zusätzlich unterstützen. Angetrieben werden die beiden BHKW mit Erdgas, das einen hohen Nutzungsgrad von über 90 Prozent aufweise.
Neben Kälte soll das Parkhaus auch Strom produzieren. Eine aus 1.700 Modulen bestehende Photovoltaikanlage (PV-Anlage) wird direkt in ein Glasdach integriert und leistet 520 kWp. Damit kann man rund 125 Privathaushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen. „Es handelt sich um eine komplexe Konstruktion aus Glas und PV-Modulen, die bereits erfolgreich in der Praxis getestet wurde“, sagt Faulhammer. Die Konstruktion sei zukunftsweisend, denn sie senke das Gewicht des lichtdurchlässigen Dachs und reduziere damit den Ressourceneinsatz. Nach Angaben von Heiko Faulhammer könnten durch den Solarstrom bis zu 350 Tonnen C02 pro Jahr eingespart werden. Einen weiteren positiven Effekt auf das Klima versprechen sich die Stadtwerke Heidelberg von der begrünten Fassade auf der Ostseite des Parkhauses. Die rund 500 qm große Grünfläche wandeln laut Berechnungen bis zu 1,6 Tonnen CO2 pro Jahr und binden zugleich 300 kg Feinstaub. Sie soll darüber hinaus die biologische Vielfalt fördern und Platz für Bienen und Fledermäuse bieten. Die Idee mit dem Technikturm als Teil des Parkhauses sei auch unter Kostenaspekten sinnvoll. Klassischerweise platziere man Versorgungseinrichtungen bevorzugt unterirdisch, was baulich bedingt teurer käme, erklärt Geschäftsführer Jäger. Kälte und Strom sollen insbesondere für die Sporthalle, mögliche Rechenzentren und diverse Gewerbeimmobilien in der Umgebung eingesetzt werden.

Heidelberg Innovation Park (hip): Ganz unten links ist die Sporthalle geplant, direkt darüber – in dunkelblau – befindet sich das Parkhaus, das als Quartiersgarage geplant ist. Neben Stellflächen für PKW und Zweiräder beherbergt es künftig technische Anlagen für Kälte- und Stromerzeugung. Quelle: Stadtwerke Heidelberg

Free-Flow-Parking
Auch die Pläne für den eigentlichen Parkierungsbereich sind zukunftsweisend. Es entstehen neben 672 Parkplätzen für Autos auch 750 Fahrradstellplätze. 20 der PKW-Parkplätze sind mit Elektroladestationen à 22 kW ausgestattet. „Je nachdem, wie sich die Mobilität entwickelt, können wir auf 120 Ladestationen erweitern, die übrigens alle eichrechtskonform sind“, sagt Patrick Jelinek, der kaufmännische Projektleiter. Warum von vornherein so viele Fahrradstellplätze vorgesehen sind, begründet Geschäftsführer Jäger: „Zum einen haben wir in Heidelberg bereits einen guten Modal Split mit einem hohen Anteil von Fahrradfahrern. Zum anderen sieht ein kürzlich verabschiedeter 30-Punkte-Aktionsplan für Klimaschutz eine weitere Förderung des Fahrradverkehrs vor.“ Hinzu komme die benachbarte Sporthalle, ergänzt Projektleiter Patrick Jelinek. Da dort neben Schulsport künftig auch sportliche und kulturelle Großveranstaltungen stattfinden, sei von einem erhöhten Bedarf an Fahrradplätzen auszugehen. Untergebracht werden sie laut Plan im Erdgeschoss – also leicht erreichbar – in einem Bereich, wo Tageslicht vorhanden ist. Auch Lademöglichkeiten für E-Bikes sollen eingerichtet werden. Autofahrer erwartet an den beiden Ein- und Ausfahrten eine State-of-the-Art-Ausstattung. Wer sich per App registriert, kann dank Kennzeichenerkennung ohne Stopp ins Parkhaus ein- und ausfahren.Die Lösung wurde von einer datenschutzrechtlich-zertifizierten Kanzlei geprüft und für konform befunden. Zum Einsatz kommt ein System von Scheidt & Bachmann/evopark. Die Bezahlung erfolgt bargeldlos. Im Inneren des sechsstöckigen Objekts sorgt ein dynamisches Parkleitsystem mit Stellplatzanzeige zusätzlich für zügigen Verkehrsfluss und weniger Rückstaus. Zur Reduzierung des Parksuchverkehrs auf den Straßen ist das Parkhaus an das übergeordnete städtische Leitsystem angeschlossen.
Auch das Thema Sicherheit wird großgeschrieben: Geplant sind eine moderne LED-Ausleuchtung, Videoüberwachung sowie nach Bedarf Personal bei größeren Veranstaltungen. Der Immissionsschutz stand bei den Planern ebenfalls auf der Agenda. Um die benachbarte Wohnbebauung vor Lärm zu schützen, ist die Fassade in dieser Richtung geschlossen. Ein entsprechendes Schallgutachten bestätigt die Wirksamkeit. Dennoch ist eine ausreichende Be- und Entlüftung gewährleistet, weil die anderen Fassadenseiten offenbleiben. Neben allen funktionalen Aspekten zeichne sich das vom Heidelberger Architektenbüro ap88 geplante Gebäude auch durch eine gefällige Optik aus, findet Michael Jäger.

Spatenstich für das neue Parkhaus im hip: (v.l.) Bürgermeister Hans-Jürgen Heiß; Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck; Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner; Michael Jäger, Geschäftsführer Stadtwerke Heidelberg Garagen; Peter Erb, Geschäftsführer Stadtwerke Heidelberg Umwelt; Uwe Bellm, Partner im Architektenbüro ap88; Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie. Foto: Stadtwerke Heidelberg

Stadtwerke als Bauherr und Betreiber
Die Stadtwerke Heidelberg Garagen sind nicht nur Bauherr, sondern künftig auch Betreiber des Parkhauses im hip. Es ist das bislang zwölfte Objekt für das Unternehmen. Das Geschäftsmodell für das innovative Parkhaus sei bewusst langfristig angelegt, erklärt Geschäftsführer Jäger, aber natürlich gelte das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Bei den Parkgebühren orientiere man sich am sonst üblichen Preisniveau in der Stadt. Zu Events denke man über vergünstigte Tarife nach. Im Übrigen, so Michael Jäger, gelte der Grundsatz: „Das Parken an der Straße ist in Heidelberg teurer als off-street in Parkhäusern.“

Das Parkhaus im hip
Das Parkhaus ist für Besucher von Veranstaltungen in der benachbarten Großsporthalle und als Quartiersgarage für den Heidelberg Innovation Park (hip) vorgesehen. Auf der rund 15 Hektar großen Konversionsfläche befanden sich früher die Heidelberg Patton Barracks. Jetzt sollen dort vorrangig innovative Unternehmen angesiedelt werden.
– 672 PKW-Stellplätze mit einer Breite von 2,60 m
– 750 Fahrradstellplätze mit Lademöglichkeiten für E-Bikes
– 20 E-Ladestationen à 22 kW für Elektro­autos, erweiterbar auf 120 E-Ladestationen
– Technikturm mit rund 2.300 qm Nutzfläche
– Photovoltaikanlage mit einer Gesamtleistung von 520 kWp (Kilowatt peak)
– Boden- und wandgebundene Begrünung von rund 500 qm, Platz für bis zu  70.000 Bienen und
2.200 Fledermäuse; Umwandlung von bis zu 1,6 t CO2; bindet bis zu 300 kg Feinstaub pro Jahr

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