Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Zumindest für die Parken Branche könnte das auf die neue DIN EN 12453 – 2017 zutreffen. Was für kraftbetriebene Türen und Tore durchaus sinnvoll ist, verfehlt bei Parkhausschranken seinen Zweck. Was genau dahinter steckt, was Parkhausbetreiber wissen sollten und was der Bundesverband Parken macht, erklärt Christian Rauch von der Würzburger Stadtverkehrs-GmbH und Mitglied des technischen Ausschusses.
Welche für Parkhausbetriebe relevanten Änderungen wurden mit der DIN EN 12453 – 2017 vorgenommen?
Dazu muss man wissen, was zuvor darin stand. In der DIN EN 12453 – 2001 wurde unter „Punkt 1.2. Ausnahmen“ folgendes aufgelistet: „Diese Norm gilt nicht für (…) ausschließlich für den Fahrzeugverkehr verwendete Schranken“. Dieser Passus ermöglichte es uns in der Parken Branche, Ein- und Ausfahrtschranken in eingefriedeten Parkflächen und Parkgaragen effektiv und zuverlässig zu betreiben. Voraussetzung zur Anwendung ist, dass durch geeignete Maßnahmen die Nutzung ausschließlich für Fahrzeuge sichergestellt wird.
Nun wurde dieser Passus in der DIN EN 12453 – 2017 wie folgt geändert: „Diese Europäische Norm gilt nicht für (…) ausschließlich für Fahrzeuge verwendete Schranken auf Autobahnen“. Die Regelung zur Nichtanwendung auf Schranken, die ausschließlich für den Fahrzeugverkehr verwendet werden, ist für unsere Branche von größter Bedeutung. Diese Regelung in der neuen DIN lediglich auf Autobahnschranken zu reduzieren, ist für uns nicht zielführend. Parken auf beschrankten Flächen stellt ein täglich wiederkehrendes Massengeschäft dar. Diese Massenabfertigung ist absolut vergleichbar mit Mautschranken an den Autobahnen.
Welche grundlegenden Probleme sind dadurch zu befürchten?
Die Schrankenbaumanlagen werden überwiegend mit Induktionsschleifen überwacht und gesteuert. Zusätzliche Überwachungseinrichtungen, wie sie die DIN EN 12453 – 2017 vorsieht, würden die Abfertigungsgeschwindigkeit deutlich reduzieren. Eine verlangsamte Schrankenbewegung wäre auch nötig, um eine verringerte Kräfteeinwirkung zu realisieren.
Das würde eine zügige Ein- bzw. Ausfahrt der Fahrzeuge erschweren, und die Parkhausschranke könnte ihre Kernaufgabe der Einzelfahrzeugerfassung und der zügigen Abfertigung nicht mehr erfüllen. Die Folge: mehr Staus im Parkhaus, Rückstau in den öffentlichen Verkehr und erhöhte Emissionen. Die zusätzlichen Lichtschranken oder auch Laserscanner, welche für den Bereich vor und nach dem Schrankenbaum zum Einsatz kommen müssten, wären manipulationsanfällig. Die Sicherheitslichtschranken könnten verdeckt werden, dadurch würde eine Schranke stetig offen stehen. Auch die Probleme mit Nachfahrern würden sich durch langsamere Schranke verschärfen und zu Einnahmeverlusten führen.
Hinzu kämen erhöhte Kosten für Parkhausbetreiber: Zum einen durch die Investition für die Umrüstung der Schranken – zusätzliche Lichtschranken sowie visuelle oder akustische Signalgeber vor Bewegung der Schranke werden gefordert – und modifizierte Steuerungen, die der Schrankenhersteller anbringen müsste. Zum anderen durch jährliche Prüfungen für jede Schranke inklusive Messprotokollen. Pro Schranke schlagen hier je nach Situation rund 150 Euro zu Buche.
Die DIN ist noch nicht „anerkannte Regel der Technik“, da noch keine Landesbauordnung darauf verweist. Wann und wodurch könnte sich das ändern?
Die Anwendung von Normen ist grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen. Rechtsverbindlichkeit erlangen Normen, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen wie zum Beispiel EU-Richtlinien auf sie verweisen. Daneben können Vertragspartner die Anwendung von Normen auch in Vereinbarungen verbindlich festlegen. Dennoch können sie im Streitfall als Entscheidungshilfe dienen, beispielsweise in Haftungsprozessen. Gerichte ziehen Normen und technische Regeln in Verfahren auf dem Gebiet des Mängelgewährleistungsrechts sowie des Delikts- und Produkthaftungsrechts heran, um zu beurteilen, ob der Hersteller die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet und somit die verkehrsübliche Sorgfalt eingehalten hat. Normen sind damit in der Regel Empfehlungen, deren Einhaltung für Unternehmer im Hinblick auf mögliche Haftungsfälle eine gewisse Rechtssicherheit darstellt. Eine Norm ist also kein Gesetz, aber im Streitfall beziehen sich Gutachter und oftmals auch Richter auf eine DIN, weil sie einen Hinweis auf den Stand der Technik wiedergibt.
Der Bundesverband Parken setzt sich für eine Neufassung ein. Was soll diese nach dem Wunsch des Arbeitskreises „DIN Parkhausschranken“ beinhalten?
Wir mussten feststellen, dass die Chancen auf eine neue DIN eigens für Parkhausschranken eher gering sind. Insofern setzen wir uns dafür ein, dass der oben erwähnte Ausschluss unter Absatz 1.2 der früheren DIN in der anstehenden Revision wieder aufgenommen wird, am liebsten auch explizit Parkhausschranken für Parkstätten.
Und was hat der Verband dafür getan?
Wir haben bereits im August 2018 ein Schreiben an den DIN versandt, mit der Forderung, die Parkhausschranken wieder als Ausnahme mit aufzunehmen, so wie es bisher in der DIN12453 2001 war. Gleichzeitig haben wir unser Vorgehen in sehr enger und konstruktiver Zusammenarbeit mit den Verbandskollegen aus Österreich abgestimmt, die hier durch die EU-Norm ebenfalls betroffen sind. Auf europäischer Ebene vertritt die EPA unser Anliegen. Um unsere Forderung argumentativ zu untermauern, haben wir im September 2019 weiterhin eine Darstellung der äußerst geringen Eintrittswahrscheinlichkeit von Schrankenunfällen an den DIN geschickt. Hierzu hatte der Bundesverband Parken im Juli 13 große Parkhausbetreiber befragt. Ergebnis: Das Risiko für einen Personenschaden durch eine Schranke im gewerblichen Garagenbetrieb liegt in den untersuchten Betrieben bei 1:16,72 Millionen. Bei 361,5 Millionen Schließbewegungen gab es im Durchschnitt 21,62 Vorfälle im Jahr, die übrigens keinesfalls lebensbedrohlich waren. Übrigens liegt die Wahrscheinlichkeit für 6 Richtige im Lotto bei 1:13,98 Millionen und die Wahrscheinlichkeit vom Blitz getötet zu werden bei 1:18 Millionen, von einem Blitz getroffen zu werden bei etwa 1:6 Millionen. Sie werden also eher vom Blitz getroffen als von einer Parkhausschranke.
Und wie geht’s jetzt weiter?
Im September 2019 fand ein Arbeitskreis des Bundesverbandes Parken mit Betreibern und Herstellern statt. Wir waren uns einig, dass man versuchen sollte, einen Vertreter des Parkhausverbandes in den zuständigen DIN-Ausschuss zu entsenden. Eine entsprechende Anfrage wurde seitens des DIN bewilligt und ein Aufnahmeantrag gestellt. Nach einer konstituierenden Sitzung beim DIN in Berlin wurde ich als Mitglied des Technischen Ausschusses des BV Parken in den DIN-Ausschuss aufgenommen. Im Februar 2020 wird dessen nächste Sitzung stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen dann unsere Schreiben und Forderungen.
Parallel dazu werden derzeit die Hersteller angefragt, um deren Problemstellungen und Lösungsansätze zu erfahren und zusammenzufassen. Auch diese Darstellung möchten wir an den DIN übermitteln, da im DIN-Ausschuss mehrheitlich Tür- und Torbauer sowie deren Verbände vertreten sind – und eben keine Schrankenhersteller.
Was raten Sie Parkhausbetreibern in der aktuellen Situation?
Nach jetzigem Stand ist die Norm DIN 12453 – 2017 gültig und wir können daher nur auf diese verweisen. Seitens des Parkhausverbandes werden wir weiter mit Hochdruck daran arbeiten, eine entsprechende Änderung der DIN Norm herbeizuführen.
Christian Rauch ist als Prokurist bei der Würzburger Stadtverkehrs-GmbH zuständig für Vertrieb, Projektierung, Sales und Project Management und außerdem Mitglied im technischen Ausschuss des Bundesverbandes Parken e.V.