Sonntag, 8. Dezember 2024

Parksensoren – Hightech-Parkplatz-Lotsen

Unnötig gefahrene Kilometer, erhöhter CO2-Ausstoß, zusätzlicher Kraftstoffverbrauch. Dazu Lärm für die Anwohner und strapazierte Nerven bei den Autofahrern – die negativen Auswirkungen, die Parksuchverkehr auf Mensch und Umwelt hat, sind hinlänglich bekannt. Dabei wissen Parkhausbetreiber: Parkplätze sind eigentlich in ausreichender Anzahl vorhanden, sie müssten nur effektiv gefunden und genutzt werden.
Gerade in Parkhäusern sind fast immer und zu jeder Tageszeit freie Stellplätze verfügbar. Durch statische oder dynamische Parkleitsysteme werden Autofahrer in Städten zu freien Stellplätzen gelotst. Auch für den On-Street-Bereich gibt es mittlerweile die Möglichkeit einer Verkehrslenkung. Diverse Anbieter haben Systeme entwickelt, die mit Radar oder anderen Sensoren freie Parkplätze erkennen und sogar vorhersagen können.

Im Rahmen des Forschungsprojekts "City2.e 2.0" demonstriert Siemens gemeinsam mit der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm), der VMZ Berlin Betreibergesellschaft mbH, dem Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) und dem Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in der Berliner Bundesallee, wie künftig schneller ein freier Stellplatz für das Fahrzeug auf der Straße gefunden werden kann. Hierfür wurde ein 200 Meter langer Straßenabschnitt im Berliner Stadtteil Friedenau mit Radarsensoren an Straßenlaternen ausgestattet, die permanent den städtischen Parkraum erfassen und freie Parkplätze sowie die Belegung der E-Parking-Flächen an eine Parkraummanagement-Software melden. Diese Radarsensoren können an Laternenmasten installiert werden. Foto: Siemens
Diese Radarsensoren können an Laternenmasten installiert werden. Foto: Siemens

Radarsensoren an der Laterne
Advanced Parking Management nennt zum Beispiel Siemens seinen neuen Ansatz. Dabei werden Radarsensoren in die Köpfe von Straßenlaternen, an Laternenmasten oder an Hauswänden installiert. Von einer gewissen Höhe aus können sie eine bestimmte Anzahl von Parkplätzen ständig überwachen und den Belegungsstatus an eine Parkleitzentrale melden. Von dort gehen die Daten über freie Stellplätze dann in Echtzeit auf die Navigationsgeräte oder Smartphones der Autofahrer. Die Software kann lernen. Das heißt, dass es nach einer Weile Prognosen aus wiederkehrenden Zyklen über freiwerdende Parkplätze erstellen kann.
Die Sensorplatine ist in etwa faustgroß. Ständig sendet sie Mikrowellen auf die Straße unterhalb des Mastes, die an den Sensor zurück reflektiert werden. Trifft die Mikrowelle auf ein Auto, werden die Strahlen anders zurück geworfen. Mit einem Algorithmus kann der Sensor berechnen, ob ein Objekt auf der Parkfläche steht und welche Größe es hat. Das System kann zusätzlich mit einem RFID-Lesegerät ausgestattet werden und so schneller Parkberechtigungen wie Anwohner- oder Behindertenparkausweise erkennen. Verstöße können umgehend an die Leitstelle gesendet werden. Auch für das Ordnungsamt erleichtert das die Arbeit.
Optische Sensoren von Cleverciti überwachen seit einiger Zeit den Marktplatz in Bad Hersfeld. Von einem Mast in der Parkplatzmitte überwachen Sensoren
die 250 Parkplätze und geben die Informationen über freie und belegte Stellplätze an ein Parkleitsystem weiter. Auch beim Kölner Pilotprojekt „Smart City Cologne“ wirkt Cleverciti mit acht „Short Range“-Sensoren mit. 160 Parkplätze werden entlang der sogenannten Klimastraße im Kölner Stadtteil Nippes überwacht.
Community-based Parking 
Beim Community-based Parking vermessen Autos im Vorbeifahren einen freien Stellplatz und senden Informationen in Echtzeit an entsprechende Endgeräte. Foto: Bosch
Beim Community-based Parking vermessen Autos im Vorbeifahren einen freien Stellplatz und senden Informationen in Echtzeit an entsprechende Endgeräte.
Foto: Bosch

Die Firma Bosch Mobility Solutions baut auf eine Technik, bei der Sensoren in Fahrzeugen oder in Parklücken freie Stellplätze erkennen und melden. Beim Community-based Parking vermessen die Autos im Vorbeifahren einen freien Stellplatz und senden diese Information in Echtzeit an entsprechende Endgeräte. Bei der anderen Variante sind die Sensoren in der Mitte eines Stellplatzes im Boden installiert. Diese erkennen den aktuellen Belegungsstatus und melden ihn über ein in der Nähe installiertes Gateway an die Cloud. Die Daten werden gesammelt und ausgewertet. Parallel erfolgt ein Abgleich mit den gespeicherten Meta-Informationen wie die Abmessungen von Parkplätzen, Kosten und Sondersituationen wie behindertengerechte Parkbuchten. Aus der Summe dieser Informationen generiert das Rechenzentrum eine Echtzeit-Parkkarte. Autofahrer erhalten via Smartphone-App alle Informationen und verschaffen sich so permanent einen Überblick zum nächstgelegenen freien Parkplatz mit allen zugehörigen Einzelheiten wie Entfernung und Preis.
Parkraumbetreiber sehen die Parkplatzbelegung über ein Webportal. Darüber haben sie jederzeit Zugriff auf statistische Auswertungen und können sehen, wo sich der Verkehr staut oder wo sie neue Nutzer hinleiten können. Mit exakten Prognosen ermöglicht die Datenanalyse die Planung und Steuerung zur Erhöhung der Parkraumauslastung – und ist gleichzeitig die Voraussetzung für zusätzliche Services wie Reservierungs- und Bezahlfunktionen.
Auch das Schweizer Telekommunikationsunternehmen Swisscom setzt am Schloss Lenzburg auf Bodensensoren. Das Low Power Network basiert auf Magnetfelddetektoren: Batteriebetriebene Funksensoren, die auf jedem Stellplatz in den Asphalt eingelassen wurden, senden Informationen an eine Basisstation.
Noch nicht wirklich Zuverlässig
Doch wirklich zuverlässig seien die Radarsensoren noch nicht, heißt es auf der Online-Plattform golem.de. So sei bisher die Bestimmung der Parkplatzgrößen noch recht ungenau. Auch irritierten beim Probelauf in Berlin vorbeifahrende Fahrzeuge das System noch zu sehr. Während die optischen Detektoren von Clevercity bei einer Masthöhe von zwölf Metern bis zu 100 Autos erkennen können, kann das Siemens-System nur fünf bis sieben Fahrzeugen pro Radar abdecken. Hier scheitert es am Gewicht der Sensoren, die aus statischen Gründen nicht allzu hoch angebracht werden können. Beim Berliner Testlauf habe man die Sensoren deshalb nur auf halber Höhe angebracht und nicht die untenstehenden Fahrzeuge, sondern die gegenüberliegende Straßenseite überwacht.
Einen großen Vorteil haben die Radare aber allemal gegenüber den Bodensensoren: Schlechte Sicht bei Regen, Nebel oder Schnee sowie wechselnde Lichtverhältnisse stören die Radarsensoren kaum. Die Bodensensoren können nur dann verlässliche Daten liefern, wenn die PKW in den vorgesehenen Lücken stehen.
Nutzer-Kritik in San Francisco
Im Jahr 2011 ist in San Francisco mit SFpark ein neuartiges Preissystem für das On-Street-Parken an den Start gegangen. Der Preis für das Parken fällt oder steigt – ja nach Nachfrage. Die Daten, ob und wie lange ein Parkplatz besetzt ist, liefert ein Sensor, der im Asphalt auf der Stellfläche installiert wurde, an eine Datenbank. Auf Basis dieser Daten können die Preise in 25-Cent-Schritten mehrmals am Tag steigen oder fallen. Parksuchverkehr soll so vermieden werden.
Während SFpark von der Stadt, der San Francisco Municipal Transportation Agency (SFMTA), und dem Hersteller als großer Erfolg dargestellt wird, werden im Internet ganz andere Stimmen laut. Dort ist die Rede von „künstlich aufgeblähten Parkpreisen“, die das Leben in der Stadt nur noch teurer werden lassen. Statt in die Sicherheit der Stadt oder in Bildung zu investieren, gebe man unnötig Geld für sinnlose Verkehrsprojekte aus. Vor allem ältere und behinderte Bewohner der Stadt fühlen sich ausgeschlossen.
Auf der Internetseite www.sfpark.info sind zehn, teilweise jedoch sehr überspitzt formulierte Gründe aufgelistet, wieso die Bürger San Franciscos gegen die Ausbreitung des SFpark Projektes sind. Da heißt es beispielsweise, dass die App zur Parkplatzsuche nicht den gewünschten Zweck erfüllt. Autofahrer seien bei Tests 45 Minuten lang durch die Stadt gefahren, um dann letztendlich doch den Parkplatz auf dem altmodischen Weg zu finden. Auch sei es schwierig und nicht erlaubt, das Smartphone während der Fahrt zu nutzen. Es sei tatsächlich so, dass der Parksuchverkehrs in einigen Straßen, nämlich da, wo das Parken sehr teuer ist, abgenommen hat. Dafür wäre es jetzt in den „günstigen“ Straßen voller als zuvor.
Im Frühjahr 2014 endete die Testphase in San Francisco. Die Sensoren sind, weil die Batterien frühzeitig leer waren, seitdem abgeschaltet.

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