Parallel zur Messe PARKEN fand in Karlsruhe eine Fachtagung des Bundesverbandes Parken statt. Bewusst kontrovers war die Zusammenstellung der Redner gewählt, die sich einem Thema widmeten: Wie fahren und parken unsere Autos in Zukunft? Spätestens in der anschließenden Podiumsrunde wurde deutlich, dass dem Parken hierbei eine wesentliche Rolle zukommen könnte.
„Kann Hightech helfen?“, fragte der Wissenschaftsjournalist Ralf Krauter eingangs der Fachtagung des Bundesverbandes Parken e.V. Bezug nahm der Moderator der Veranstaltung damit auf eine Studie des VDA aus dem vergangenen Jahr. Demnach verbringen Autofahrer in Deutschland jährlich 560 Millionen Stunden mit der Parkplatzsuche. „Eine ungeheure Verschwendung von Ressourcen“, wie Krauter meinte.
Darin zumindest waren sich alle Vortragenden einig. Auch dass es an Ideen nicht mangelt, das Problem mit digitalen Steuerungssystemen anzugehen, war mehreren Vorträgen der Fachtagung zu entnehmen. Allerdings tun sich ganz neue Fragestellungen auf: organisatorische, gesellschaftliche, psychologische oder auch ethische.
Warnung vor digitaler Diktatur
Einen kritischen Beitrag hierzu lieferte Prof. Dr. Harald Welzer. Der Autor des Buches „Die smarte Diktatur“ warnte vor einer zu großen Euphorie, wie sie in den aktuellen Debatten vorherrsche. Diese erinnere ihn frappierend an die Rhetorik aus den 1950er-Jahren, als die Atomtechnik als Universallösung gepriesen wurde. Es gebe immer wieder solche Phasen von Heilsversprechen. Gegenwärtig stünden diese unter dem Vorzeichen der Digitalisierung. Gegen diese vorbehaltlose Begeisterung hegt der Sozialpsychologe einige Bedenken. „Daten können niemals Rohstoff sein“, kritisierte Welzer auch eine bekannte Aussage der Bundeskanzlerin, die Daten als das „Gold des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete. „Das Leben ist analog“, hielt er entgegen. Der von Anhängern „smarter Technologien“ als Provokateur wahrgenommene Professor betonte vor den Vertretern der Parken Branche, dass er keineswegs technologiefeindlich eingestellt sei. Er warnte jedoch eindringlich davor, sich bevormunden und durchleuchten zu lassen – auch nicht von Autos, die einen darauf hinweisen, den Gurt anzulegen oder einen bestimmten Parkplatz anzusteuern. Die meist konsumgetriebene Preisgabe von persönlichen Daten in liberalen Gesellschaften könne letztlich Demokratie gefährden. Mark Zuckerberg und Konsorten seien die „freundlichsten Diktatoren“, die die Welt je hatte. Wir seien dabei uns ein „Fünf-Sterne-Gefängnis“ in einem „Universum von Wahnsinn“ zu schaffen. Er sei erstaunt darüber, wie wenig über Digitalisierung diskutiert würde, so Prof. Welzer. Neben der Frage, wozu das alles gut sei, machte er auch darauf aufmerksam: „Je technologischer unser Leben wird, desto abhängiger und verletzlicher sind wir.“ Im Übrigen begäben wir uns auch in eine totale Abhängigkeit von Strom.
Hoher technologischer Aufwand
Die bestätigte der folgende Redner Dr. Alexander Viehl, mit seiner Prognose indirekt: „Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung werden signifikanten Einfluss haben“, erklärte der Wissenschaftler des FZI Forschungszentrums Informatik aus Karlsruhe. Viehl und seine Kollegen testen autonomes Fahren und automatisiertes Parken in der Region Karlsruhe. Dazu gehören Simulationen und auch tatsächliche Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr. Im Projekt AUTOPLES, was für „Automatisiertes Parken und Laden von Elektrofahrzeug-Systemen“ steht, ermitteln die Forscher überdies die positiven und negativen Implikationen, die sich durch den Einsatz entsprechender Technologien in der Hofdienergarage in Stuttgart ergeben. Eine Erkenntnis: Um die erhoffte Zeit- und Raumersparnis sowie einen erhöhten Komfort tatsächlich zu realisieren, braucht es sehr genaue Karten, umfangreiche Sensortechnik und eine geeignete Infrastruktur. Nur dann könnten Fahrzeuge alltagstauglich sein, so Viehl.
Unter welchen Rahmenbedingungen autonome Fahrzeuge in Serie auf den Markt kommen könnten, fragt sich auch der Automobilverband VDA. Dessen Vertreter Marko Gustke beschäftigt sich in einer „Koordinierungsstelle Vernetztes und Automatisiertes Fahren“ mit den dafür vorstellbaren Zukunfts- und Anwendungsszenarien. In Karlsruhe gab er den Zuhörern zu bedenken, dass immer mehr Menschen in Ballungszentren leben und die Zahl der Autos weiter steigt. Insofern könnte automatisiertem Fahren entscheidende Bedeutung für die Mobilität der Menschen zukommen. Auf dem Weg dorthin sei das autonome Parken unter realen Bedingungen „ein sehr wichtiger Ansatz für die Automobilindustrie“.
Im ersten Schritt sieht Gustke dafür den Exklusivbetrieb in einer geschützten baulichen Umgebung und bei niedrigen Geschwindigkeiten. Dies sei bereits technologisch beherrschbar und werde in Leuchtturmprojekten ausprobiert. Nach den Vorstellungen des VDA soll danach der Mischbetrieb erfolgen. Für realistisch erachtete der Vertreter des automobilen Spitzenverbands, dass die dafür notwendige „Intelligenz“ – sprich Sensoren, Daten, Schnittstellen – sowohl im Fahrzeug als auch im Parkhaus vorhanden ist. Um dies den Parkhausbetreibern schmackhaft zu machen, müssten attraktive Geschäftsmodelle gefunden werden.
Erst automatisch Parken, dann Fahren
Letztlich geht es bei den anstehenden Entwicklungen um die Zukunft des Automobils. Vertreter der Zunft sehen diese offenbar in der zunehmenden Automatisierung des Fahrens. Dem Parkvorgang könnte dabei eine strategisch wichtige Funktion zukommen, denn das automatisierte Parken sei ein „Teil der Roadmap zum fahrerlosen Auto“, wie VDA-Mann Gustke feststellte. Bei der Podiumsdiskussion der Fachleute in Karlsruhe wurde zugleich deutlich, dass es rund um das assistierte Fahren noch viele ungelöste Fragen gibt, die keinesfalls nur technischer Natur sind. Klar wurde jedoch auch, dass die Autoindustrie dringend einen „use case“ benötigt, und den könnte die Parken Branche liefern – wenn sie denn möchte.