Ein Pilotprojekt von APCOA, Bosch und Mercedes-Benz testet den weltweit ersten Serieneinsatz von Automated Valet Parking. Diese Technologie soll den Parkvorgang vollautomatisiert machen. Verfügbar ist die Software in der neuen S-Klasse.
Parken lassen, statt zum Flieger hasten: Bosch, Mercedes-Benz und der Parkraumbetreiber APCOA wollen Fahrzeuge am Flughafen Stuttgart künftig fahrerlos und vollautomatisiert parken lassen. Dafür soll das von Bosch und Mercedes-Benz entwickelte Automated Valet Parking (AVP) zur Serienreife gebracht werden. Die neue S-Klasse von Mercedes ist dazu grundsätzlich bereits in der Lage: Sie sei das weltweit erste Serienfahrzeug mit der dafür notwendigen Technik an Bord. Bei der Sonderausstattung handelt es sich um eine Vorrüstung für den „Intelligent Park Pilot“. Dieser wird per Smartphone via Bluetooth gesteuert. Einzige Bedingung: Der Fahrer muss sich zum Auslösen des automatischen Parkvorgangs in einem Bereich von ungefähr drei Metern um das Fahrzeug befinden.
Für die neue Art des Parkens per App wird direkt hinter der Einfahrt des Parkhauses P6 ein großzügiger Drop-off- und Pick-up-Bereich eingerichtet. Hier können AVP-Nutzer künftig ihr Fahrzeug bequem abstellen. Während sie bereits zum Terminal laufen und einchecken, parkt die S-Klasse – auf Basis der Informationen der Infrastrukturtechnik – selbständig im Untergeschoss.
Damit ist die S-Klasse vorbereitet, fahrerlos zu einem reservierten Stellplatz zu fahren. Sie sei insofern das weltweit erste Fahrzeug mit einer Vorrüstung für eine Fahrfunktion der zweithöchsten Autonomiestufe nach der Society of Automotive Engineers (SAE), auch Level 4 genannt.
Das Ziel: Ein „vollautomatisiertes Parkerlebnis“
Mit der neuen S-Klasse wird nicht nur das Fahren, sondern selbst das Parken zum Luxus“, sagt Dr. Michael Hafner, Leiter Automatisiertes Fahren der Mercedes-Benz AG. Das Pilotparkhaus für den geplanten Serienbetrieb des automatisierten Parkservice ist das P6 am Flughafen Stuttgart. Dort erproben die Unternehmen das Zusammenspiel der Fahrzeugtechnik der S-Klasse mit der smarten Infrastruktur von Bosch sowie der digitalen Plattform von APCOA. Dank APCOA FLOW funktioniert der Parkvorgang zudem ohne Ticket und Bargeld. „Gemeinsam wollen APCOA, Bosch, Mercedes-Benz und der Stuttgarter Flughafen das Parken zum vollautomatisierten Parkerlebnis machen“, sagt Christoph Hartung, Mitglied des Bereichsvorstandes von Connected Mobility Solutions bei Bosch.
Aktuell laufen die letzten Vorbereitungen zum Start des geplanten Pilotbetriebs des Automated Valet Parking im P6. Ziel des Testbetriebs am Flughafen Stuttgart mit der neuen S-Klasse ist es, das reibungslose Zusammenspiel von Fahrzeug, Infrastrukturtechnik und Parkhausbetrieb zu erproben und auf die Kundenbedürfnisse anzupassen.
Rückblick: Bosch und Mercedes-Benz haben erste Erfahrungen für einen AVP-Betrieb bereits gesammelt. Im Juli 2019 haben die beiden Partner die weltweit erste Ausnahmegenehmigung dafür erhalten, um ausgewählte E-Klasse-Fahrzeuge fahrerlos im realen Parkhaus-Mischverkehr des Mercedes-Benz-Museums in Stuttgart zu bewegen. Voraussetzung dafür ist aber, dass künftig mit der erforderlichen Infrastruktur ausgerüstete Parkhäuser verfügbar sind und der Gesetzgeber diesen AVP-Betrieb erlaubt.
„Ein echter Komfort- und Zeitgewinn“
Automated Valet Parking ist ein echter Komfort- und Zeitgewinn für unsere Passagiere. Das gilt ganz besonders, wenn sie in Eile sind und am Flughafen schnell ihr Auto loswerden wollen“, sagt Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung der Flughafen Stuttgart GmbH. Im P6 stehen während der nun startenden Testphase zunächst zwei Parkplätze für selbstparkende Fahrzeuge bereit. Im Fall steigenden Nachfrage im Serienbetrieb sollen weitere Parkplätze hinzukommen.
Automatisiertes Fahren trifft auf automatisiertes Parkhaus
Für den Betrieb des AVP ist nicht nur im Fahrzeug, sondern auch in der Parkhausinfrastruktur eine Menge Technik nötig. Im P6 am Stuttgarter Flughafen wurden bisher sogenannte LIDAR-Sensoren eingesetzt. Sie können durch Laserstrahlen den optischen Abstand und die Geschwindigkeit messen. Diese Sensoren werden in Zukunft durch Kameras ersetzt, die von Bosch hergestellt wurden. Im Gegensatz zu den LIDAR-Sensoren können die Kameras freie Parkplätze erkennen, den Fahrkorridor sowie dessen Umfeld überwachen und Hindernisse oder Personen auf der Fahrspur erfassen. In einer im Parkhaus installierten Computerzentrale wird die Route der Fahrzeuge zum freien Parkplatz berechnet. Durch die Informationen der Kameras ist es möglich, dass die Autos eigenständig im Parkhaus fahren können. Auch Wechsel zwischen den Stockwerken sind somit möglich. Das Auto setzt die Informationen dabei selbstständig in Fahrmanöver um: Entdeckt eine Kamera ein überraschendes Hindernis, bremst das Fahrzeug blitzschnell in den sicheren Stillstand.
Neben den neuen Kameras soll beim fahrerlosen Parken künftig auch die digitale Plattform APCOA FLOW vom Parkhausbetreiber APCOA eine entscheidende Rolle spielen. „APCOA möchte der erste Parkraumbetreiber werden, der in einem seiner Parkhäuser einen automatisierten Parkservice basierend auf der AVP-Technologie vollumfänglich unterstützt und ermöglicht“, sagt Frank van der Sant, Chief Commercial Officer der APCOA PARKING Holdings GmbH.
Voraussetzungen für deutschlandweiten Service sind gegeben
Mehr Zeit durch einen Hol- und Bringdienst fürs Auto und keine langen Wege bis zum eigenen Fahrzeug mehr: Kunden sollen künftig in den Genuss eines fahrerlosen Parkservice kommen – sobald entsprechend ausgestattete Parkhäuser verfügbar sind und nationale Gesetze einen AVP-Betrieb erlauben. Die Erlaubnis für die Testphase sei dafür ein erster Erfolg: „Die Entscheidung der Behörden zeigt, dass Innovationen wie das automatisierte Valet-Parken zuerst in Deutschland möglich sind“, sagt Dr. Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Die Voraussetzungen für einen flächendeckenden und fahrerlosen Parkservice sind durch das Projekt in Stuttgart durch einen automatisierten Vorfahr- und Einpark-Service nach SAE Level 4 bereits geschaffen. Einheitliche Standards und Schnittstellen sorgen für eine reibungslose Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und der Infrastrukturtechnik.
Fahrerloses Parken als wichtiger Baustein künftiger Mobilität
Für Parkhausbetreiber könne sich eine Investition auch deshalb lohnen, weil fahrerloses Parken eine effizientere Parkraumnutzung ermögliche. Es sollen bis zu 20 Prozent mehr Fahrzeuge auf die gleiche Fläche passen. Zudem böten sich insbesondere enge, abgelegene und damit wenig attraktive Parkflächen dafür an, dort Autos fahrerlos abzustellen. „Fahrerloses Fahren und Parken sind wichtige Bausteine künftiger Mobilität. Mit dem automatisierten Parksystem wird deutlich, wie weit wir auf diesem Entwicklungspfad bereits gekommen sind“, erklärt Dr. Heyn.
Fotos (3): Daimler